Rishi Sunak bei der Sitzung des Ausschusses für illegale Einwanderung.
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Abschiebungen nach Ruanda Die britische Regierung höhlt den Rechtsstaat aus

Stand: 23.04.2024 10:07 Uhr

Der Ruanda-Plan der britischen Regierung ist teuer und ignoriert Gerichtsurteile und internationale Abkommen. Um das Vorhaben dennoch durchzusetzen, höhlt Premier Sunak den Rechtsstaat aus

Ein Kommentar von Sven Lohmann, ARD London

Das Vereinigte Königreich prescht nun also vor mit einem Plan, den Premierminister Rishi Sunak einen "Gamechanger" nennt - die Lösung für eine gelungene Asylpolitik. Da mag einem doch schnell der Gedanke kommen: Wäre dieser Ruanda-Plan vielleicht auch eine gute Idee für Deutschland?

Zwei Dinge müsste man dafür von der britischen Regierung übernehmen. Prinzipien dürfen nichts zählen. Und Geld darf keine Rolle spielen.

Über Gerichte hinweggesetzt

Das Oberste Gericht in Großbritannien hat erklärt, dass Ruanda für Flüchtlinge kein sicheres Land ist. Von dort fliehen Menschen, auch ins Vereinigte Königreich. Schutzsuchende dürften daher nicht in das afrikanische Land gebracht werden. Den Plan dennoch durchzuziehen funktioniert also nur, wenn man einfach per Gesetz behauptet, Ruanda sei sicher, so wie die Tories es nun machen. Einfach behaupten, die Sonne scheint, auch wenn es aus Kübeln schüttet.

Aber was, wenn nationale Gerichte das wieder geraderücken? Ein Schuss mehr Skrupellosigkeit ist hier gefragt: Die britische Regierung höhlt deshalb ihren Rechtsstaat aus und verbietet weitgehend Einspruchsmöglichkeiten. Das hält die Richter raus.

Ansehensverlust ist Sunak egal

Für den Ruanda-Plan darf man es aber mit der Rechtstreue nicht so eng nehmen. Da sind ja auch noch internationale Abkommen, denen die Briten verpflichtet sind - Menschenrechtskonventionen etwa. Verbände, die Kirche, Experten, auch Gutachten warnen davor, dass der Ruanda-Plan ein Bruch damit wäre. Die Sunak-Regierung weiß, dass sie mit ihrer Asylpolitik ihr internationales Ansehen beschädigen wird. Es ist ihr egal.

Mehr als halbe Milliarde hat der Ruanda-Plan schon gekostet. Von allen Ideen ist er der teuerste. Jeder Flüchtling, der vielleicht in Ruanda untergebracht wird, kostet die Briten geschätzt 200.000 Euro - pro Person.

Reiner Populismus

Die britische Regierung braucht Flüge nach Ruanda - als Symbol, sie habe einen für jeden sichtbaren Plan. Da ist jedes Mittel recht.

Das ist reiner Populismus. Der Plan kostet viel Geld und Ansehen. Und funktioniert nur, wenn man grundlegende Prinzipien verrät, die politisch gar nichts lösen. Nichts also, was als Vorbild dient.

Sven Lohmann, ARD London, tagesschau, 23.04.2024 09:13 Uhr
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