US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (links) und US-General Charles Brown während einer Pressekonferenz.

Krieg gegen die Ukraine USA kündigen neues Militärpaket für Kiew an

Stand: 26.04.2024 20:55 Uhr

Nach der Billigung neuer Hilfen durch den US-Kongress will Washington weitere Waffen an Kiew liefern. Russland nimmt unterdessen offenbar vermehrt die Eisenbahninfrastruktur der Ukraine ins Visier.

Die US-Regierung hat der Ukraine ein neues Hilfspaket für die langfristige Lieferung von Waffen zugesagt. Die USA wollen Kiew zur Abwehr des russischen Angriffskriegs weitere Waffen und Unterstützung im Umfang von sechs Milliarden US-Dollar (5,6 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen, teilte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin mit.

Dabei gehe es unter anderem um Artillerie-Munition sowie Drohnen-Abwehr und zusätzliche Raketen für die "Patriot"-Flugabwehrsysteme. In dem geplanten Paket sind auch weitere Raketen für das Luftverteidigungssystem NASAMS enthalten. Zudem soll die Ukraine zusätzliche Ausrüstung erhalten, um Flugabwehrsysteme, Raketen und Radaranlagen aus westlicher Produktion in das bestehende ukrainische Waffenarsenal zu integrieren, das in vielen Fällen noch aus der Sowjetzeit stammt.

Lieferungen laut Austin von Tempo der Industrie abhängig

Im Rahmen eines US-Finanzierungsprogramms für die Ukraine sollen nach früheren Angaben Verträge an amerikanische Verteidigungsunternehmen zum Bau neuer Ausrüstung für die Ukraine vergeben werden. Das bedeutet, dass es mehrere Monate bis Jahre dauern kann, bis die Waffen geliefert werden.

Austin sagte, die Lieferungen hingen vom Tempo der Industrie ab. Das werde je nach Waffensystem unterschiedlich sein. Zugleich werde die Regierung alles tun, um sie zu beschleunigen - und die ukrainische Führung sei zuversichtlich, lange genug durchhalten zu können. Mit den neuen Möglichkeiten werde die Ukraine dann stärker sein.

"Wir werden nicht ins Wanken geraten"

Austin sprach zum Abschluss eines virtuellen Treffens der US-geführten Kontaktgruppe zur Unterstützung der Ukraine. "Wir werden nicht ins Wanken geraten", betonte der Verteidigungsminister mit Blick auf die US-Unterstützung für die von Russland vor mehr als zwei Jahren angegriffene Ukraine. Wenn der russische Präsident Wladimir Putin gewinne, "werden die Konsequenzen für die Sicherheit gravierend und global sein", sagte Austin.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bat bei der Sitzung eindringlich um die Lieferung von "Patriot"-Raketen. Diese würden benötigt, um ein Schutzschild gegen weitere russische Raketenangriffe aufzubauen, sagte er.

Während der Sitzung der Ukraine-Kontaktgruppe kündigte auch Spanien an, Raketen für die "Patriot"-Systeme in der Ukraine zu liefern. In einer Erklärung des spanischen Verteidigungsministeriums hieß es zudem, dass Munition, Medikamente und Erste-Hilfe-Sets auf dem Weg in die Ukraine seien. Wie viele Raketen geschickt werden sollen, blieb unklar, ebenso ob die Lieferung vollständige "Patriot"-Systeme umfasst. Spanische Medien berichteten, Madrid werde lediglich vier Raketen schicken.

US-Kongress hat neue Hilfen gebilligt

Nach einer monatelangen innenpolitischen Hängepartie hatte der US-Kongress Mitte der Woche neue Hilfen im Umfang von rund 61 Milliarden US-Dollar für Kiew gebilligt - und damit den Weg für neue Waffenlieferungen erst freigemacht. Dem vorangegangen waren monatelange Streitereien zwischen Demokraten und Republikaner, während die bisher genehmigten Hilfen fast aufgebraucht waren. 

US-Präsident Joe Biden kündigte direkt nach der Unterzeichnung des vom Kongress verabschiedeten Gesetzes ein sofortiges neues Militärpaket in Höhe von einer Milliarde US-Dollar an. Dabei handelte es sich in erster Linie um Ausrüstung für die Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge aus den Beständen des US-Militärs. Das bedeutet, dass diese Ausrüstung schnell in die Ukraine geliefert werden wird - zum Teil ist sie auf US-Stützpunkten in Europa gelagert.

Scholz ruft Verbündete zu weiterer Unterstützung auf

Anlässlich eines Treffens mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin begrüßte Bundeskanzler Olaf Scholz erneut die Entscheidung des US-Kongresses. In diesem Zusammenhang rief er die europäischen Verbündeten wiederholt dazu auf, ihr Engagement zur Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung zu erhöhen. "Es geht darum, dass wir auch weiterhin das Erforderliche tun", sagte er.

Scholz verwies bei einem gemeinsamen Pressetermin mit Stoltenberg auch auf die von der Bundesregierung angekündigte Lieferung eines dritten "Patriot"-Systems: "Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, auch unsere europäischen Freunde zu bitten, dass sie in ihren Beständen nochmal gucken, ob es nicht irgendwie gehen kann, dass sie auch in dieser Hinsicht etwas tun, um die Luftverteidigung der Ukraine zu unterstützen."

Es gehe in der Ukraine um die Verteidigung der europäischen Sicherheitsarchitektur, die Russland mit seinem Angriffskrieg in Gefahr bringe, hob der Kanzler hervor. Das Land habe die jahrzehntelange Verständigung aufgekündigt, dass Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden. "Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie dies notwendig ist", stellte Scholz weiter klar. Er hob hervor, dass Deutschland das Land in Europa sei, dass dafür am meisten Beiträge geleistet habe und leiste, auch bei Lieferungen von Waffen und Munition. 

Stoltenberg nannte die Lieferung des zusätzlichen "Patriot"-Systems an die Ukraine ebenfalls "ein Beispiel, dem die anderen Bündnispartner folgen sollten". Er begrüßte zusätzliche Waffenlieferungen, wie sie neben Deutschland auch Großbritannien, die Niederlande und weitere Staaten angekündigt hätten.

Russland nimmt ukrainische Eisenbahninfrastruktur ins Visier

Offenbar um den Waffennachschub für die Ukraine zu torpedieren, häuften sich zuletzt die Angriffe der russischen Streitkräfte auf die Eisenbahninfrastruktur des Landes. Die ukrainische Eisenbahngesellschaft Ukrsalisnyzja teilte mit, bei einem russischen Angriff in der Region seien drei ihrer Mitarbeiter getötet und vier weitere verletzt worden. Ukrsalisnyzja erklärte weiter, bei einem russischen Angriff auf Eisenbahneinrichtungen in Balaklija in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine seien zehn Zivilisten verletzt worden.

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, die russischen Streitkräfte hätten mit Raketen und Artillerie "westliche Waffen und Militärausrüstung" getroffen, die in der Region Donezk im Osten der Ukraine per Zug transportiert worden seien. Der Zug wurde nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums in der Nähe des Ortes Udatschne getroffen. Auch Bahneinrichtungen in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine wurden demnach ins Visier genommen.

Nach ukrainischen Einschätzungen bereitet Russland mit den Angriffen möglicherweise eine neue Offensive vor. Die Angriffe zielten darauf ab, Bahneinrichtungen zu zerstören sowie "Lieferungen und Bewegungen von Militärgütern lahmzulegen", darunter auch die westliche Militärhilfe, hieß es aus ukrainischen Sicherheitskreisen. Bei den Attacken handele es sich um "klassische Maßnahmen vor einer Offensive", wie ein hochrangiger Vertreter des ukrainischen Sicherheitsapparates sagte.