Antony Blinken und Chen Jining

US-Außenminister Blinken in China Russlands Krieg im Fokus

Stand: 25.04.2024 04:26 Uhr

US-Außenminister Blinken will in China unter anderem Staats- und Parteichef Xi treffen - und die chinesische Führung davor warnen, Russland weiter militärisch zu unterstützen.

In den jüngsten Jahren ging es auf und ab in den Beziehungen zwischen den USA und China: Nach dem Besuch der US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan im Sommer 2022 und dem Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über Nordamerika Anfang vergangenen Jahres gab es monatelang keine offiziellen Kontakte zwischen den beiden Supermächten.

Inzwischen spricht man zumindest wieder miteinander, sagt Bonnie Glaser vom US-Thinktank German Marshall Fund. "Das Ziel der USA besteht darin, stabilere und vorhersehbare Beziehungen aufzubauen, in denen es offene Kommunikationskanäle gibt, in denen sich die Staats- und Regierungschefs treffen und Vertreter verschiedener Ebenen zusammenkommen", so Glaser. "Sie tragen ihre Anliegen vor und erläutern ihre Politik. Und dort, wo ihre Interessen übereinstimmen, wird geschaut, ob man zusammenarbeiten kann. Die beiden Länder sind auf dem Weg, ihre Beziehungen zu stabilisieren. Offen ist, ob das erfolgreich sein wird."

US-Kritik an Chinas Unterstützung Moskaus

Streitpunkte zwischen China und den USA gibt es nach wie vor viele. Allen voran: der Umgang mit dem Angriffskrieg in der Ukraine und Chinas Freundschaft mit dem Aggressor Russland.

China sei der Hauptlieferant für die russische Rüstungsindustrie, sagte Antony Blinken vergangene Woche in Italien. Werkzeugmaschinen, Microchips und andere Dual-Use-Güter - also Technologie, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden kann.

Der US-Außenminister werde dem Thema oberste Priorität einräumen bei seinen Gesprächen in Peking, sagte Glaser vor der Reise: "Der Krieg in der Ukraine läuft nun schon mehr als zwei Jahre, und offenbar wurde der russische Verteidigungssektor im Wesentlichen mit Chinas Hilfe neu aufgestellt", so Glaser. "Die Volksrepublik hat offenbar auch Dual-Use- und Waffenkomponenten geliefert. Und das ist etwas, worüber die Vereinigten Staaten und auch Europa sehr besorgt sind."

China profitiert von Russlands Krieg

Wang Wenbin, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, wies die Vorwürfe kürzlich zurück und drehte den Spieß um. Dass die USA auf der einen Seite die Ukraine militärisch unterstützten und gleichzeitig Chinas "normale" wirtschaftliche Beziehungen mit Russland diskreditierten, sei unverantwortlich und heuchlerisch. China gieße weder Öl ins Feuer, noch profitiere das Land von dem Krieg - und schon gar nicht werde man solche Anschuldigungen tolerieren.

Dass China nicht von dem Krieg profitiert, ist nachweislich falsch. Der Handel zwischen den beiden autokratisch regierten Nachbarn blüht seit Kriegsbeginn. Das Land liefert inzwischen fast alles nach Russland, was demokratische Nationen gestoppt haben, und ermöglicht der russischen Bevölkerung so ein weitgehend normales Leben - während in der Ukraine Krieg geführt wird. Im Gegenzug kauft die Volksrepublik große Mengen Energie - Einnahmen für die russische Kriegskasse.

Auch Taiwan bleibt ein Streitthema

Weiterer Streitpunkt zwischen China und den USA ist Washingtons Unterstützung für Taiwan. Der US-Kongress hat am Dienstag Militärhilfen in Höhe von acht Milliarden Dollar für die demokratisch regierte Insel bewilligt. Die Kommunistische Partei betrachtet dies als Einmischung, da Taiwan als eigenes Staatsgebiet gesehen wird.

Die Führung in Peking beklagt zudem US-Sanktionen. Die Regierung in Washington versucht unter anderem, China davon abzuhalten, an hochleistungsfähige Mikrochips zu kommen, die zum Beispiel für die Produktion von modernen Waffen benötigt werden. China wirft den USA vor, den Aufstieg des Landes behindern zu wollen.

Sorge vor erneuter Wahl Trumps

Und dann schwebt über allem der Wahlkampf in den USA. China-Analystin Glaser geht davon aus, dass die meisten Chinesen sich Donald Trump und die Unberechenbarkeit, die mit einer weiteren Präsidentschaft einherginge, nicht zurückwünschen.

"China hat mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und hat im eigenen Land Schwierigkeiten, zum Beispiel Korruption im Militär", so Glaser. "Außerdem gibt es vielleicht noch andere Anzeichen von Instabilität. Daher ist es für das Land zum jetzigen Zeitpunkt das Beste, wenn Präsident Joe Biden wiedergewählt wird. Ich glaube nicht, dass sich in diesem Punkt in China alle einig sind, aber ich glaube, dass ist die Mehrheitsmeinung. Dennoch wird China, egal wie die US-Wahl ausgeht, natürlich mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten klarkommen müssen."

Benjamin Eyssel, ARD Peking, tagesschau, 25.04.2024 05:19 Uhr